Wer kennt es nicht
das Lied von der klappernden Mühle am rauschenden Bach? Auch in Ligurien, dem Küstenstreifen mit dem bergigen Hinterland, war die Wasserkraft aus den Bächen, die aus dem nahen hügeligen Hinterland entspringen, die treibende Kraft für die Olivenmühlen. Allein in und um Dolcedo gab es 40 Olivenmühlen, die in der Hauptsache mit Wasserkraft angetrieben wurden. Die Mechanik war größtenteils aus Holz und Eisen. Die großen Mahlsteine waren in Steinbottichen gelagert und dort wurden die Oliven samt Kern zermahlen zu einem Brei, der dann anschließend zwischen runden Sisalmatten in einer Spindelpresse gepresst wurde, sodass das Gemisch aus Öl und Fruchtwasser herauslief. Das Öl setzt sich aufgrund seiner geringeren Dichte an der Oberfläche ab und konnte so abgezogen werden. Viele der alten Olivenmühlen, die in den typischen Steinhäusern beheimatet waren, sind heute entweder zu Wohnhäusern oder Restaurants umgebaut und wenn man das Glück hat, ist die alte Maschinerie noch erhalten: die Becken für die Mahlsteine, der Antriebsmechanismus aus massiven Holzbalken und Antriebsschnecken und alte Eisenverbindungen und vielleicht auch noch die Spindelpressen, meist eine massive Holzkonstruktion. Einen kompletten Überblick über die Geschichte der Olivenkultur in und um Imperia herum, bekommt man im Olivenölmuseum, das sich auf dem Gelände von Olio Carli befindet.
Die moderne Extraktion von Olivenöl
Die romantischen Tage der Olivenmühlen, oder das was uns aufgrund der so urig anmutenden Maschinerie als romantisch erscheint, sind heute natürlich vorbei. Rein aus Gründen der Effektivität und Hygiene und hier hat die EU auch ihren Anteil, wird Olivenöl heute eigentlich nicht mehr gepresst, sondern schonend durch den Einsatz von Zentrifugen extrahiert. Für diesen Prozess der Kaltextraktion benötigt man einen recht aufwendigen modernen Maschinenpark, eine Aparatur im wesentlichen aus Edelstahl. Aber was passiert mit den Oliven, wenn wir sie zur Mühle bringen?
Das erste was gemacht wird ist, dass die Oliven in einer Maschine von den Blättern gereinigt werden, denn nur die Oliven sollen ja extrahiert werden. Die Partie Oliven wird dann gewogen und anschließend auf einer Rutsche eine Etage tiefer in die „Waschmaschine“ gegeben. Die Oliven werden also erst einmal mit Wasser gereinigt. Danach gelangen die Oliven in den Cutter. Die Technik kommt aus der Fleischindustrie, mit sehr harten und scharfen Messern, werden die Oliven samt Kern zu einem Brei zerkleinert, es gibt keine Mahlsteine mehr. Dieser Olivenbrei wird anschließend in Zwischenbehälter gepumpt. In dieser Abteilung mit den Zwischenbehältern ruht der Olivenbrei für eine kurze Zeit und es wird noch etwas Wasser zugegeben. Je Fach ist wirklich nur die Partie von einem Besitzer, d.h. es ist damit sicher gestellt, dass jeder Olivenbauer auch nur das Öl aus seinen Früchten erhält – das war früher nicht so. Nach der Ruhephase wird die Masse dann weitergepumpt in die erste Zentrifuge, diese Zentrifuge ist recht groß und hier wird Festes von Flüssigem getrennt. Der Trester wird hier gleich nach Aussen geleitet, wo er dann durch ein Spezielunternehmen abtransportiert und zur weiteren Verarbeitung entweder als Brennstoff oder zur Destillation des in geringem Masse noch enthaltenen Öls für die Kosmetik Industrie einem Unternehmen zugeführt wird.
Nach der ersten, großen Zentrifuge, wo Festes von Flüssigem getrennt wird, geht es weiter zur nächsten, kleineren Zentrifuge. Hier wird das Öl von der wässrigen Lösung getrennt. Hier wartet der Olivenbauer mit seinem Edelstahlfaß, in das der Strahl von frischem, grünlich-gelbem, intensiv duftendem Öl hineinläuft. Die Olivenmühle, wenn sie für ihren Bedarf Öl „presst“, hat große Edelstahltanks, in denen sie ihr Öl lagert, die mit einer Schicht Stickstoff im oberen Teil des Tanks versigelt werden, damit keine Oxydation stattfindet. Das Verhältnis Kilos Oliven zu einem Kilo Öl liegt am Beginn der Saison im ungünstigsten Fall bei 7-8 Kilo Oliven pro Kilo Öl und im weiteren Verlauf, wenn die Oliven einen hohen Reifegrad haben, werden oft nur noch 4-5 Kilo Früchte benötigt. Das Fantastische an der Olivenernte ist, dass nach getaner Arbeit und dem Besuch bei der Olivenmühle, der Ertrag an Öl am selben Tag mit nach Hause genommen werden kann. Eine gute Pasta mit dem ersten frischen Öl der Saison ist die beste Belohnung für die aufwendige Erntearbeit.
Je nach größe des Olivenhains, zieht sich die Olivenernte über mehrere Wochen oder sogar Monate. In unserem Fall mit ca. 160 gepflegten Bäumen, benötigen wir meistens 3 Wochen, um die Ernte einzufahren, d.h. ca. alle 4 Tage geht es mit einer Partie von um die 200 kg Oliven zur Mühle. In guten Jahren haben wir eine Fruchtmenge von 1,2 Tonnen und somit eine Menge von 300 – 350 Litern Öl. Das ist eine überschaubare Menge, Olivenbauern, die von ihrem Öl, ihren Lebensunterhalt und die Kosten bestreiten müssen, haben in der Regel eine Menge von 1000 Litern Öl aufwärts. Der Eigenbedarf einer italienischen Familie, die im Prinzip ausschließlich Olivenöl verwendet, liegt ungefähr bei 54 Liter – also gut 1 Liter Öl pro Woche. In Ligurien wird Olivenöl zum Kochen, Backen und auch Braten verwendet. Ein reines Olivenöl, aus einem Jahr und einer Sorte, ist auch sehr hitzestabil und kann auch bis 200° erhitzt werden, ohne dass es kaputt geht – man sieht und riecht es beim Erhitzen.