Ernte

Wer die besten Früchte ernten will, muss auf den Baum steigen. Wem die verbeulten genügen, der wartet darauf, dass sie herunterfallen.

Emil Oesch (1894 – 1974)

San Francesco Olio fresco

so lautet eine Bauernregel der Olivenbauern, d.h. der 4. Oktober, der Namenstag des Heiligen Franziskus, ist sozusagen der Startpunkt für die Olivenernte und tatsächlich ab diesem Datum stehen wir auch immer bereit und fangen an zu ernten. Manchmal direkt um den 4. Oktober, manchmal eine Woche später. Unsere Olivenbäume liegen auf 140 m, damit liegen wir auf einer geringen Höhe und gehören zu den ersten, die ernten. Insgesamt zieht sich die Ernte bis in den Januar/Februar – früher war es sogar bis März, aber alles verschiebt sich aufgrund der Klimaveränderung und so ist heutzutage ein Großteil der Ernte in Ligurien schon Mitte November erledigt, bevor die ersten massiven Schlechtwetterfronten Einzug halten. Anfang Oktober ist die Wetterlage meistens noch sehr stabil, d.h. wir haben dann ein freundlich warmes, herbstliches Klima mit sonnigen warmen Tagen und kühlen Nächten. Im Laufe des weiteren Oktobers kommen dann verstärkt auch mal Regengebiete, die für 1-2 Tage bleiben und dann ist es wieder trocken. Ab Mitte November jedoch werden die Schlechtwetterperioden länger, d.h. der Ernteprozess wird dann für mehrere Tage oder vielleicht sogar eine Woche unterbrochen, da man bei Regen nicht ernten kann. Zudem werden durch heftigen Regen und sturmähnliche Winde auch Früchte vom Baum geschüttelt. Das Problem, was in den letzten zwanzig Jahren zunehmend den Ernteertrag beeinflusst ist die Olivenfliege, ein Schädling der seine Eier in die unreife Olive legt und deren Larve sich dann durch die Olive frisst. Diese Art der Fruchtfliege ist im Prinzip verwandt zu den Fruchtfliegen, die Kirschen, Aprikosen, sämtliche Pflaumenarten befallen. Eine einzige Larve in einer Frucht richtet noch keinen großen Schaden an, aber wenn eine Frucht von mehreren Larven bewohnt ist, ist sie nicht mehr erntewürdig. Zudem wird dem Baum durch die „Beschädigung“ signalisiert, dass die Frucht defekt ist, d.h. diese Frucht durchläuft eine Frühreife und hängt nicht mehr so fest am Baum, d.h. ein kräftiger Wind oder Regen reicht oftmals aus, damit diese Frucht zu Boden fällt.

Der frühe Vogel fängt den Wurm

Der frühest mögliche Erntezeitpunkt, den wir auswählen, hat also eine enorme Bedeutung für uns. Zum einen vermeiden wir durch den frühen Erntezeitpunkt, dass die Frucht durch die Larve der Olivenfliege unbrauchbar wird und zum anderen sind zu diesem frühen Erntezeitpunkt noch ein besonders hohes Mass an Polyphenolen und Antioxidantien in der Frucht und somit dann im Öl enthalten. Geschmacklich hat die frühe Ernte ebenfalls noch einen Vorteil: die eigentlich vom Geschmack her sehr milde Taggiasca Olive hat zu diesem Zeitpunkt sehr grüne, grasige, pfeffrige Noten, was von vielen Genießern, als das geschmacklich interessantere Öl bevorzugt wird.

Ein Erntetag im Olivenhain

Mit dem Sonnenaufgang beginnt der Erntetag. Nach einem Frühstückskaffee mit Brioche geht es in den Olivenhain. Netze, Körbe, Ernterechen und Olivenrüttler im Gepäck greifen wir an. Die Netze werden großflächig um den Baum oder eine kleine Gruppe von Bäumen ausgelegt, sodass die Früchte, die vom Baum herunter geholt werden ins Netz fallen können und später dann durch das „Einholen“ der Netze bequem in einen der Körbe geschüttet werden können. Die Früchte selbst werden entweder von Hand gezupft oder zwischen den Fingern abgestriffen, oder mit der kleinen Ernteharke aus Kunststoff von den Ästen geharkt oder mit dem Olivenrüttler, einem kleinen Motor, der ein Bündel aus ca 20 cm langen Karbonstangen rotieren lässt und an einem Teleskopstab in die Baumkrone geführt wird, von den Ästen gerüttelt. Diese Erntemethode ist sehr schonend. Auf großen ebenflächigen Plantagen z.B. in Süditalien oder Spanien kommen oftmals Traktoren mit einem Rüttelmechanismus zum Einsatz, die den Baumstamm ergreifen und den ganzen Baum rütteln, was nicht unbedingt die sanfteste Erntemethode ist.

Die durchschnittlicher Ertrag pro Baum liegt bei 2-3 kg. Aber dieser Wert lässt einen falschen Eindruck entstehen. Einige Bäume tragen in einem Jahr gar nicht und andere tragen 20 kg oder 40 kg oder besonders große Bäume können auch 100 kg Früchte tragen. Ein professioneller Olivenernter kann schon seine 100 kg pro Tag ernten. Wir sind schon mit der Hälfte zufrieden, da dies wie gesagt, auch immer abhängig ist von der Menge der Früchte an einem Baum, bzw. es lässt sich leichter Ernten, wenn die Früchte zusammenhängend am Baum zu ernten sind.

Unsere Erntesaison dauert in der Regel 3 Wochen. In dieser Zeit ernten wir Baum für Baum und bringen die einzelnen Partien schnell zur Olivenmühle, um eine gute Ölqualität erzielen zu können. In der Höhenlage von 140 Metern über Meeresspiegel habe wir den großen Feind der Olivenfliege, einer Fruchtfliege, die ihre Eier in die Olive legt. Um Erneteschäden oder Ernteausfall zu vermeiden, müssen wir also sehr zügig sein bei der Olivenernte.